Methode


Das Prinzip

Der SGB-Lohnrechner beruht auf einem statistischen Schätzverfahren. Es wurde geschätzt, welchen Einfluss unterschiedliche Merkmale auf die Löhne im Durchschnitt haben. Beispielsweise, um wieviel – bei sonst gleichem Profil – der durchschnittliche Lohn mit einem zusätzlichen Dienstjahr steigt oder wie viel mehr Beschäftigte mit einem Lehrabschluss gegenüber Beschäftigten ohne Lehrabschluss verdienen.

Der geschätzte Einfluss der einzelnen Merkmale dient dann zur Berechnung der üblichen Löhne. Jedes einzelne Merkmal, das man bei der Eingabe des Anstellungsprofils angibt, wird mit dem geschätzten Einfluss dieses Merkmals multipliziert. Anschliessend wird dann das Resultat jeder Multiplikation zusammengezählt, um die üblichen Löhne zu berechnen.

 

Die Daten

Basis der Schätzungen ist die Lohnstrukturerhebung (LSE) 2020 des Bundesamts für Statistik (BFS). Diese Erhebung wird seit 1994 alle zwei Jahre in Unternehmen des privaten und öffentlichen Sektors durchgeführt. Der Datensatz umfasst rund 2 Millionen Löhne aus 35‘000 Unternehmen. Neben Informationen zu den Löhnen der Angestellten liefert die LSE Informationen über den Wirtschaftszweig des Unternehmens, dessen Grösse und Standort sowie zu den individuellen Merkmalen der LohnbezügerInnen (Ausbildung, berufliche Stellung, Berufsgruppe, Alter, Dienstjahre, usw.).

Der SGB-Lohnrechner beruht auf den Daten des privaten und des öffentlichen Sektors der LSE 2020, wobei Löhne aus dem öffentlichen Sektor nur berücksichtigt werden, wenn die Beschäftigten in öffentlichen Unternehmen wie z. B. im Gesundheitswesen mehr als 10 Prozent aller Beschäftigten einer Branche ausmachen. Um die Wahrscheinlichkeit des Einschlusses von atypischen und somit nicht relevanten Lohnbezüger wie Auszubildende oder Rentner mit Teilaktivität zu verringern, werden nur Beschäftige im Alter zwischen 19-65 berücksichtigt. Wir schliessen weiter die jeweils 0.5% tiefsten und höchsten Löhne über alle Beobachtungen und anschliessend nochmals die jeweils 0.5% tiefsten und höchsten Löhne in jeder einzelnen Branche aus. Dadurch verringern wir den Einfluss von extremen oder nicht plausiblen Werten. Schliesslich werden für die Analyse nur vollständige individuelle Beobachtungen berücksichtigt.

 

Die Lohngleichungs-Methode

Der Lohnrechner basiert auf der Annahme, dass sich der Lohn (erklärte Variable) in einer Lohngleichung als Funktion der stellen- und personenbezogenen Merkmale (erklärende Variable) ausdrücken lässt. Die Lohngleichung wird mit einer Kleinstquadrate-Regression geschätzt, um den durchschnittlichen Einfluss der Merkmale zu bestimmen. Die erklärenden Variablen sind die Merkmale zu Person und Arbeitsplatz, die auch bei der Eingabe des Anstellungsprofils gewählt werden können. Die erklärte Variable ist der Logarithmus des auf eine einheitliche Arbeitszeit standardisierten Bruttolohns. Das Modell berücksichtigt folgende individuelle lohnbestimmende Merkmale (erklärende Variablen):

  • Potentielle Erfahrung (Alter minus 19) als quadratische Funktion
  • Firmenspezifische Erfahrung (Anzahl Dienstjahre) als quadratische Funktion
  • Ausbildungsniveau (maximal 8 Ausbildungskategorien)
  • Berufliche Stellung im Betrieb (maximal 5 Stufen)
  • Berufsgruppen (bis über 30 Kategorien)

Wir schätzen für jede der 71 Branchen eine separate Regression, um dem unterschiedlichen Einfluss der Merkmale in den einzelnen Branchen gerecht zu werden. Denn ein Universitätsabschluss führt beispielsweise bei den Versicherungen im Durchschnitt nicht zum gleichen Zusatzverdienst wie im Detailhandel oder im Maschinenbau.

 

Nicht berücksichtigte Merkmale

Merkmale, die keine Rückschlüsse auf die Qualifikationen und Anforderungen der Beschäftigten zulassen oder nur Lohndiskriminierung messen, wurden nicht als Variablen in die Regressionen integriert. Dazu gehören: 

  • Geschlecht,
  • Zivilstand,
  • Nationalität/Aufenthaltsstatus,
  • Unternehmensgrösse,
  • Lohnzahlungsmodalitäten (Stundenlohn, 13. Monatslohn, Bonuszahlungen),
  • Arbeitspensum.

Diese Merkmale haben zwar alle einen statistisch bedeutenden Einfluss auf die Löhne. Allerdings sind sie keine objektiven Kriterien. Sie drücken entweder Diskriminierung oder Lohnprämien von zahlungskräftigeren Unternehmen aus. Würde beispielweise das Geschlecht mitgeschätzt, ergäbe sich, dass Frauen gegenüber Männern im Durchschnitt weniger verdienen. Dieser Unterschied ist aber nicht auf unterschiedliche Qualifikationen und Anforderungen zurückzuführen, sondern auf die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Auch das Arbeitspensum wird nicht als erklärende Variable berücksichtigt. Im Lohnrechner kann das Arbeitspensum zwar ausgewählt werden, die Eingabe dient aber ausschliesslich dazu, den berechneten 100%-Lohn auf das gewählte Pensum umzurechnen. Der entsprechende Stundenlohn bleibt immer gleich.

 

Der Einfluss der Unternehmen und der Regionen

Löhne unterscheiden sich nicht nur aufgrund individueller lohnbestimmender Merkmale, sondern können auch für diesbezüglich identische Angestellte, je nach Unternehmen und Region stark variieren. Die einzelnen Unternehmen werden deshalb wie ein zusätzliches Merkmal behandelt und in den Regressionen mitgeschätzt. Der sogenannte Unternehmenseffekt entspricht dann dem durchschnittlichen Einfluss spezifischer Unternehmensmerkmale, die unabhängig von den persönlichen Merkmalen der Angestellten sind. Die Unternehmen können aus den folgenden Gründen einen unterschiedlichen Einfluss auf die Löhne haben:

  • Wegen der Region, in der sie tätig sind: Im Tessin ist das Lohnniveau beispielsweise tiefer als in Zürich.
  • Wegen der Unternehmensgrösse: Grosse Unternehmen zahlen oft besser als kleine.
  • Wegen ihrer Lohnpolitik: Unternehmen können beispielsweise einem Gesamtarbeitsvertrag angeschlossen sein oder die Arbeitnehmenden stärker am Erfolg beteiligen.

Die so geschätzten Unternehmenseffekte werden für die Berechnung der Lohnspanne für ein individuelles Profil genutzt. Dazu werden die Unternehmenseffekte nach Angestellten in Vollzeitäquivalenten gewichtet und nach den 8 Regionen (Genfersee ohne Wallis, Wallis, Espace Mittelland, Nordwestschweiz, Zürich, Ostschweiz, Zentralschweiz und Tessin) sortiert. Nach Region wird dann jeweils der Einfluss der Unternehmen ihren Beschäftigten zugeordnet. Anschliessend werden für jede Region diejenigen drei Unternehmenseffekte bestimmt, im Vergleich zu denen 25%, 50% bzw. 75% der Beschäftigten einen kleineren Unternehmenseffekt aufweisen.

 

Die Berechnung der üblichen Löhne

Um die üblichen Löhne zu berechnen, werden zunächst die Merkmale, die im Anstellungsprofil gewählt wurden, mit den jeweils dazugehörigen geschätzten Einflüssen dieser Merkmale multipliziert. Anschliessend werden diese Produkte zusammengezählt.

Für die Berechnung des mittleren Lohnes wird zusätzlich der Unternehmenseinfluss hinzugerechnet, im Vergleich zu dem 50% der Beschäftigten einen kleineren Einfluss aufweisen. Für die untere 25-%-Grenze wird stattdessen der Unternehmenseinfluss hinzugerechnet, im Vergleich zu dem 25% der Beschäftigten einen kleineren Einfluss aufzeigen. Für die obere 25-%-Grenze wird der Unternehmenseinfluss hinzugerechnet, im Vergleich zu dem 75% der Beschäftigten einen kleineren Einfluss besitzen.

 

Die Anzeigeregel

Aus Gründen der Repräsentativität und Genauigkeit der Berechnungsmethode sowie des Datenschutzes werden nur jene Löhne ausgewiesen, die pro Region und Branche folgende Kriterien erfüllen:

  • Mindestens 10 Unternehmen und mindestens 150 Lohnangaben (Beschäftigte).
  • Variationskoeffizient darf nicht grösser sein als 5%.
  • Die drei Lohnschwellen (25%, Median, 75%) sind nicht identisch und damit nicht durch ein einzelnes dominantes Unternehmen in der Stichprobe bestimmt.

 

Die erwarteten Lohnerhöhungen seit 2020

Der Lohnrechner basiert auf der aktuellsten Lohnstrukturerhebung (LSE) aus dem Jahr 2020. Seither sind die Löhne in den meisten Branchen gestiegen. Um die Lohnerhöhungen zwischen 2020 und 2023 abzuschätzen, erlaubt der Lohnrechner das erwartete Lohnwachstum mit einem Regler aufzurechnen. Dabei verwendet der Lohnrechner die Wachstumsraten der durchschnittlichen Löhne nach Grossbranchen (sog. Noga-Abschnitte). So verwenden wir beispielsweise das Wachstum der Durchschnittslöhne fürs Gastgewerbe für die Hotellerie und die Gastronomie oder dasjenige fürs Baugewerbe für den Hoch- und Tiefbau sowie für die Branchen des Ausbaugewerbes.

Die Wachstumsraten der durchschnittlichen Löhne zwischen 2020 und 2023 haben wir wiederum auf Basis des Schweizerischen Lohnindex des Bundesamts für Statistik und der Lohnumfrage der Konjunkturforschungsstelle (KOF) geschätzt.

 

Entwicklung des SGB-Lohnrechners

Die Berechnungsmethode wurde von Professor Yves Flückiger und seinen Mitarbeitenden am Observatoire Universitaire de l'Emploi (OUE) der Universität Genf (neu Institut en recherche appliquée en économie et gestion, IREG) in Zusammenarbeit mit dem Observatoire genevois du marché du travail (OGMT) für den Kanton Genf entwickelt. Roman Graf, R---G Genf, hat die Methode für die ganze Schweiz angepasst und die Datenbankschnittstelle für die Berechnungen programmiert (Backend). Die Entwicklung der Website (Frontend) erfolgte durch bossinfo.
 


Welche Unterschiede bestehen zwischen dem SGB-Lohnrechner und dem «Nationalen Lohnrechner» des SECO?

Der Lohnrechner des SECO verwendet als Datengrundlage ebenfalls die Lohnstrukturerhebung (LSE) 2020. Weiter basieren beide Rechner auf einer Lohngleichung zur Berechnung einer Lohnspanne. Dabei stützen sie sich (im Unterschied zum dritten nationalen Lohnrechner «Salarium» des BFS, siehe unten) auf die exakt selbe Lohngleichungsmethode, welche von der Universität Genf entwickelt wurde und seit vielen Jahren für den SGB-Lohnrechner verwendet wird. Die Unterschiede zum SECO-Lohnrechner sind daher gering, da dieselbe Berechnungsmethode angewendet wird. Der Hauptunterschied liegt im Fokus auf detaillierte Branchen beim SGB-Rechner, während der SECO-Rechner vor allem kantonalen Unterschieden gerecht werden will.

Benutzern und Benutzerinnen des SGB-Lohnrechners stehen mehr und detailliertere Branchen zur Auswahl als beim SECO-Rechner, dafür publiziert der SGB die Lohnspannen nur auf aggregierten geographischen Ebenen, den sieben Grossregionen und der Schweiz als Ganzes. Der Lohnrechner des SECO berechnet Löhne auf Ebene aller 26 Kantone. Der SECO-Lohnrechner bildet somit kantonal detaillierte Resultate ab, bietet jedoch eine weniger detaillierte Auswahl der Branchen. Aus Gründen des Datenschutzes und der statistischen Qualitätsanforderungen an das Modell ist es leider nicht möglich, gleichzeitig sehr detaillierte, feingliedrige Branchendefinitionen zu verwenden und Löhne für jeden Kanton einzeln zu berechnen.

Weiter beinhaltet der SGB-Lohnrechner auch Löhne aus dem öffentlichen Sektor, wenn immer 10% oder mehr der Beschäftigten einer Branche im öffentlichen Sektor tätig sind.1 Der SECO-Lohnrechner, welcher als Hilfsmittel beim Vollzug der flankierenden Massnahmen (FlaM) zum freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU entwickelt wurde, bildet dagegen ausschliesslich den privaten Sektor ab.

Somit orientiert sich der SECO-Lohnrechner stärker an der FlaM-Vollzugs-Realität, respektive an den FlaM-Vollzugs-Bedürfnissen (kantonale Fragestellungen), wo die kantonalen tripartiten Kommissionen den kantonalen Arbeitsmarkt beobachten und Missbrauch bekämpfen müssen. Der SGB-Lohnrechner soll dagegen Lohnspannen für die Schweizer Berufs- und Branchenlandschaft abbilden und liefert gleichzeitig direkte Hinweise auf existierende Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit verbindlichen Mindestlöhnen in jeder Branche (sofern ein GAV in einer Branche existiert).

1) In folgenden Branchen werden für die Berechnung auch Löhne aus dem öffentlichen Sektor berücksichtigt:

NOGA*

Branchenbezeichnung

35

Energieversorgung

  

 

36

Wasserversorgung

37

Abwasserentsorgung

38

Abfallentsorgung und Recycling

491

Eisenbahnverkehr

493

Bus- und Trambetriebe, Bergbahnen, Taxis; Gütertransport auf der Strasse

64

Banken, Treuhänder, Beteiligungsgesellschaften

65

Versicherungen, Rückversicherungen, Pensionskassen

72

Forschung und Entwicklung

75

Veterinärwesen

811

Hausmeisterarbeiten

812

Reinigung von Gebäuden

85

Erziehung und Unterricht

86

Gesundheitswesen

87

Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime)

88

Kitas, Alten- und Behindertenbetreuung, sonstiges Sozialwesen ohne Heime

90

Kultur und Unterhaltung  (u.a. Kinos, Filmproduktionen, Theater, Orchester, Bilbliotheken, Museen, Archive, Zoos)

* NOGA-Code = Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige

 

 


Welche Unterschiede bestehen zwischen dem SGB-Lohnrechner und dem Lohnrechner «Salarium» des BFS?

Gemeinsam haben beide Lohnrechner, dass sie sich die umfangreiche Lohnstrukturerhebung (LSE) 2020 zu Nutze machen. Weiter verwenden beide Rechner Lohngleichungen zur Berechnung einer Lohnspanne. Sie ermitteln somit den Effekt von personen-, stellen-, und unternehmensspezifischen Merkmalen auf den Lohn.

Im «Salarium» werden jedoch andere Lohngleichungen verwendet, als in den Rechnern des SECO und des SGB. Dies führt dazu, dass im «Salarium» diverse Merkmale explizit berücksichtigt werden müssen, um den Lohn zu berechnen. Dazu gehören beispielsweise das Geschlecht, die Nationalität, oder die Firmengrösse. Die Resultate werden dann für Frauen und Männer und SchweizerInnen und AusländerInnen separat ausgewiesen. Die genannten Eigenschaften sind jedoch nicht relevant für die individuelle Produktivität einer Person an ihrem Arbeitsplatz und sollten deshalb aus Sicht des SGB nicht in die Berechnung der Löhne einfliessen. In der Praxis widerspricht Unterscheidung der Löhne allein wegen des Geschlechts oder der Nationalität zudem dem Diskriminierungsverbot. Da im «Salarium» die Ergebnisse zwingend nach Geschlecht, Nationalität und Aufenthaltsstatus angezeigt werden, ist es für Nutzerinnen und Nutzer nicht möglich, einen neutralen, statistisch beobachtbaren Lohn zu eruieren. Wenn Arbeitnehmende und Arbeitgeber sich in Lohngesprächen beispielsweise auf geschlechterspezifische Löhne beziehen würden, würden so diskriminierende Lohnunterschieden zwischen den Geschlechtern weiter zementiert.

Das Ziel des «Salarium» ist es, die Lohnniveaus gemäss empirischen LSE-Daten so nah wie möglich widerspiegeln zu können und die statistische Realität möglichst detailliert abzubilden. Dafür werden alle zur Verfügung stehenden Erklärungsfaktoren (eben beispielsweise auch das Geschlecht) in der Berechnung berücksichtigt. Das «Salarium» sollte daher als Übersicht zu existierenden Lohnunterschieden nach einer Reihe von Merkmalen verstanden werden, dient aus Sicht des SGB jedoch nicht als sinnvolle Datengrundlage für Arbeitnehmende, welche ihren orts- und branchenüblichen Lohn ermitteln wollen.