Mindestlöhne in der Schweiz

Anders als viele andere Länder kennt die Schweiz keinen nationalen Mindestlohn. Trotzdem gibt es in vielen Berufen einen Mindestlohn, entweder über einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder dank einem kantonalen Mindestlohn.


Plakat 1. Mai 2014

Die Mindestlöhne legen fest, wieviel man verdienen muss. Verbindliche Mindestlöhne dürfen nicht unterschritten werden. Die üblichen Löhne beschreiben hingegen den Ist-Zustand: Wieviel verdienen Beschäftigte mit ähnlichem Profil auf dem Arbeitsmarkt? Die üblichen Löhne, die im SGB-Lohnrechner berechnet werden, basieren auf einer Umfrage bei den Unternehmen und dienen Ihnen zur Orientierung. Falls ein üblicher Lohn tiefer als ein Mindestlohn im Rahmen eines GAV sein sollte, dann ist immer der Mindestlohn relevant.

Mindestlöhne in Gesamtarbeitsverträgen

Viele Gesamtarbeitsverträge für Branchen oder Betriebe legen Mindestlöhne fest. Sie werden von den Sozialpartnern gemeinsam vereinbart. Allerdings sind nicht alle Arbeitgeber bereit, mit den Gewerkschaften zu verhandeln. In der Schweiz ist zwar rund die Hälfte der Arbeitnehmenden durch einen GAV geschützt. Einen GAV, der auch Mindestlöhne festlegt, kennen aber nur 1,7 Mio. der 5 Mio. Erwerbstätigen. 

Der SGB-Lohnrechner blendet unter der Rubrik «Gesamtarbeitsverträge in Ihrer Branche» GAVs der ausgewählten Branche ein. Angezeigt werden sämtliche allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge, die für alle Betriebe und Beschäftigten in einer Branche bindend sind. Zudem sind Angaben zu weiteren öffentlichen GAV zu finden. Um zu erfahren, ob Sie einem der angezeigten GAV unterstellt sind, müssen Sie beim GAV in der Rubrik Geltungsbereich nachschauen und bei Unklarheiten die Gewerkschaft Ihrer Branche kontaktieren.

Kantonale Mindestlöhne

In der Mindestlohnpolitik hat sich in den letzten Jahren auf kantonaler Ebene einiges bewegt. So hat der Kanton Neuenburg 2017 in der Schweiz den ersten allgemeinen staatlichen Mindestlohn eingeführt.  Seither sind ihm die Kantone Jura, Tessin, Genf und Basel-Stadt mit eigenen Lohnuntergrenzen gefolgt. In den Städten Zürich und Winterthur wird im Juni 2023 über die Einführung eines Mindestlohns abgestimmt.

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die derzeit gültigen Mindestlöhne in den Kantonen:

Kanton

Erste Einführung / letzte Erhöhung

Aktuelle Höhe des Mindestlohns

Geltungsbereich & Kontrollen

Neuenburg

2017 / 2022

20.77 Fr./h
(Landwirtschaft, Weinbau: 17.65 Fr./h )

 

Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmenden im Kanton, die in der Regel („habituellement“) im Kanton arbeiten. Ausgenommen sind Lernende, Praktikant:innen, Ferienjobs und Personen in beruflichen Integrationsprogrammen.

Die tripartite Kommission kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohnes. 

Jura

2020 / 2020

20.60 Fr./h.

Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Tätigkeiten innerhalb des Kantonsgebiets. Er gilt nicht für Branchen mit einen AVE GAV, für Firmen mit einem Mindestlohn im GAV und für Normalarbeitsverträge. Lernende, Praktikant:innen und Personen in beruflichen Integrationsprogrammen haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn.

Der Staat kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns nicht. Arbeitnehmende müssen Verstösse gerichtlich einklagen.

Tessin

2021 /  2021

19.00 bis 19.50 Fr./h  (abhängig vom Medianlohn der Branche; in den meisten Branchen beträgt er 19.50 Fr./h)

Der Mindestlohn gilt nicht für Beschäftigte, die durch einen Mindestlohn in einem AVE GAV oder einem Firmen-GAV geschützt sind. In der Landwirtschaft gelten keinen Mindestlöhne. Lernende, Praktikant:innen und Personen in beruflichen Integrationsprogrammen haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn.

Der Kanton kontrolliert und sanktioniert Verstösse.

 

Genf

2020 / 2023

24.00 Fr./h
(Landwirtschaft: 17.64 Fr./h)

Der Mindestlohn gilt nicht für: Lernende, Praktikant:innen, Minderjährige, Schüler:innen in Ferienjobs. Auch Personen in beruflichen Integrationsprogrammen sind teilweise ausgenommen.

Das kantonale Arbeitsinspektorat (OCIRT) kontrolliert und sanktioniert Verstösse.

Basel-Stadt

2021 / 2023

21.45 Fr./h

Er gilt für Beschäftigte, die „regelmässig“ in Basel arbeiten. Ausgenommen sind Branchen mit AVE GAV oder NAV. Lernende, Praktikant:innen, Ferienjobs, Au-pairs und Personen in beruflichen Integrationsprogrammen.

Der Kanton kontrolliert und sanktioniert Verstösse.